10.6.2015

Podiumsdiskussion «Fluglärm im Osten»: Der Osten lässt nicht locker

Es ist offensichtlich: Das Ostkonzept wird forciert, um die Kapazität des Flughafens Zürich zu erhöhen und für weitere Einschränkungen von Seiten Deutschland gerüstet zu sein. Der Osten lässt sich das nicht gefallen. An der Podiumsdiskussion der Region Ost und der Regio Wil wurde gefordert, dass auch der Süden einen Teil des Fluglärms übernehmen muss.


Rund 200 Personen haben den Abend vom 9. Juni im Stadtsaal Wil verbracht, um sich über die Entwicklung des Fluglärms im Osten zu informieren und deutlich ihre Meinung kundzutun. Der Tenor: Der Osten ist nicht bereit, die Rolle des Lärmabfallkübels zu spielen. Wenn der Flughafen die Sicherheit ernsthaft verbessern wolle, müssten auch Südstarts geradeaus ins Betriebsreglement aufgenommen werden.

Max Schulthess vom Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL), Hansjörg Bürgi, Chefredaktor SkyNews.ch, Ralph Weidenmann vom Bürgerprotest Fluglärm Ost, die St. Galler Nationalrätin Yvonne Gilli und die Thurgauer Regierungsrätin Carmen Haag nahmen Stellung zu den pointierten Fragen von Moderator Armin Menzi. Der Vertreter des BAZL hatte einen schweren Stand, denn die Kollegen vom Flughafen Zürich hatten eine Teilnahme an der Podiumsdiskussion aus Kapazitätsgründen abgelehnt.

So musste Max Schulthess die "Ertüchtigung" des Ostkonzepts alleine vertreten, die neben der Sicherheit mehr An- und Abflüge zu Spitzenzeiten garantieren soll. Er führte seine Argumente auf sachlicher Ebene an und bestätigte, dass der Osten schon heute viel Fluglärm zu ertragen habe. Es sei nach wie vor das Ziel, das historisch gewachsene Nordkonzept möglichst häufig einzusetzen. Daneben brauche es aber eine weitere kapazitätsstarke Anfluglösung, und das sei eben das Ostkonzept. Das Südkonzept werde als dritte Variante benötigt.

Podiumsdiskussion Fluglaerm im Osten: Der Osten lässt nicht locker

Regierungsrätin Carmen Haag beanstandete, dass der Fluglärm im Hinterthurgau massiv zugenommen habe, insbesondere in den sensiblen Nachtstunden nach 22 Uhr. «Dass das Ostkonzept weiter ausgebaut werden soll, sieht man offensichtlich», kritisierte Haag. Schnellabrollwege für die Piste 28, Betriebsreglement 2014 und Änderungen, die ab 2020 ins Auge gefasst würden, zielten nur darauf ab, mehr Flugverkehr über den Osten zu schicken. «Den Süden dagegen fasst man nicht an!», rügte Haag.

Aviatikspezialist Hansjörg Bürgi propagierte ein Betriebskonzept mit Starts auf der Piste 16 nach Süden geradeaus und erhielt dafür viel Applaus vom Publikum. «Starts sind heute mit den modernen, schnell steigenden Flugzeugen weniger problematisch als die langsam sinkenden, anfliegenden Flugzeuge», so Bürgi. Ralph Weidenmann wies einmal mehr darauf hin, dass die Stadt Zürich gemäss Lärmanalyse der EMPA gar keinen Fluglärm habe, obwohl immer das Gegenteil behauptet würde. Da der Süden und die Zürcher Politiker sich lautstark gegen mehr Fluglärm wehrten, bleibe dem Osten nichts anderes übrig, als ebenfalls laut zu antworten. Gerügt werden müsse vor allem die Politik, denn der Flughafen, Skyguide und auch Bundesrätin Doris Leuthard sähen die Notwendigkeit der Südstarts geradeaus schon lange, um die Sicherheit des Flugverkehrs zu erhöhen.

«Nur in der Schweiz werde nach politischer Richtung geflogen, auf allen anderen Flughäfen der Welt bestimme die Windrichtung den Flugverkehr», zitierte Moderator Menzi einen Piloten. Gerade darum sei es wichtig, dass die Politik im Osten zusammenhalte, forderte Nationalrätin Yvonne Gilli. Die Arbeitsplätze am Flughafen müssten erhalten bleiben und ein moderates Wachstum des Flughafens sei in Ordnung, aber die Nachhaltigkeit und Akzeptanz müsse gewährleistet sein.

Die Fragen und Bemerkungen aus dem Publikum liessen klar erkennen, dass der Osten sich eine weitere Belärmung ohne Lastenausgleich durch Starts geradeaus in den Süden nicht gefallen lässt. Als Geschenk überreichten Barbara Günthard-Maier, die Präsidentin der Region Ost, und Christoph Häne, Präsident der Regio Wil, den Podiumsgästen ein Glas Honig. Ein Geschenk mit vieldeutiger Symbolik.



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