3.7.2012

Neuer Staatsvertrag zwischen Deutschland und der Schweiz bringt mehr Lärm

Grundsätzlich ist es zu begrüssen, dass die Verhandlungsdelegationen der Schweiz und Deutschland zum künftigen Betrieb des Flughafens eine Einigung gefunden haben. Damit wird einer langjährigen Streitigkeit und Phase der Rechtsunsicherheit auf nationaler Ebene ein Ende gesetzt. Inhaltlich ist die Vereinbarung unbefriedigend; sie führt zu massiv mehr Fluglärm über der Schweiz und ist damit gegenüber dem Staatsvertrag von 2001 ein klarer Rückschritt. Die Region Ost verlangt eine faire und ausgewogene Verteilung der zusätzlichen Flugbewegungen unter Einbezug aller Himmelsrichtungen.


Mit dem neuen Staatsvertrag wird zwar im Verhältnis zu Deutschland die gewünschte Rechtssicherheit mit Bezug auf die künftige Abwicklung des An- und Abflugverkehrs am Flughafen Zürich erreicht. Damit sind wichtige Rahmenbedingungen für die Raumplanung auf nationaler und kantonaler Ebene geschaffen. Der Vertragsinhalt führt allerdings zur enttäuschenden Erkenntnis, dass es der Schweizer Delegation in den bilateralen Verhandlungen einzig um die Entwicklungsmöglichkeiten des Flughafens und nicht auch um den Lärmschutz der Bevölkerung gegangen ist. So hat der Verzicht von Deutschland, die Zahl der Anflüge auf Zürich zu begrenzen, nicht etwa die erhoffte Lärmentlastung der Flughafenregion zur Folge, sondern im Gegenteil: er wird mit einer beträchtlichen zusätzlichen Fluglärmbelastung der Flughafenanwohner erkauft. Von der Vereinbarung profitiert also letztlich der Flughafen, indem er künftig über Deutschland an keine zahlenmässige Kapazitätsbegrenzung mehr gebunden ist; klare Verliererin ist demgegenüber die Bevölkerung, die in den frühen Morgenstunden und vor allem nach Feierabend mit deutlich mehr Fluglärm rechnen muss. Zu verteilen sind nämlich nicht nur rund 20'000 zusätzliche Anflüge, sondern auch eine ähnliche Anzahl Abflüge.

Gegenüber dem im Jahr 2002 vom Bundesparlament abgelehnten Staatsvertrag, welcher werktags von 6 bis 22 Uhr bis zu 100'000 Anflüge über deutsches Staatsgebiet erlaubt hätte, ist der vorliegende Kompromiss ein klarer Rückschritt. Die Akzeptanz der nun vorliegenden Vereinbarung in der Bevölkerung wird davon abhängen, wie der zusätzliche Fluglärm, der die Schweiz von Deutschland übernimmt, auf die betroffenen Regionen verteilt wird. Frau Bundesrätin Doris Leuthard sicherte diesbezüglich zu, dass innenpolitisch ein «gerechter» Lastenausgleich ausgehandelt werde. Die Region Ost steht einer allfälligen Verlängerung der Piste 28 nach wie vor ablehnend gegenüber, weil eine solche einer übermässigen Fluglärmbelastung des Ostens den Weg ebnen würde. Der Staatsvertrag enthält keine Verpflichtung der Schweiz zu diesem Pistenausbau; es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass Pistenverlängerungen für die Umsetzung des Staatsvertrags betrieblich zwingend wären.



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