28.8.2023

Region Ost enttäuscht über das Ja des Kantonsrats zu den Pistenverlängerungen

Die Behördenorganisation Region Ost bedauert das Ja des Kantonsrats Zürich zu den Pistenverlängerungen am Flughafen Zürich. Das knappe Resultat von 87 Ja- und 83 Neinstimmen mit nur zwei Enthaltungen zeigt, dass die Notwendigkeit von Pistenverlängerungen umstritten bleibt. Noch im Rat haben die gegnerischen Parteien SP, Grüne und AL das Referendum ergriffen. Das Volk wird damit das letzte Wort zu den Pistenverlängerungen haben. Die Haltung der Region Ost ist klar: Pistenverlängerungen sind kein wirksames Mittel, um die Anzahl Verspätungen zu reduzieren und die Nachtruhe ab 23 Uhr durchzusetzen, denn Verspätungen entstehen weltweit. Mit dem Ausbau der Flughafeninfrastruktur könnten zudem effektiv mehr Flugbewegungen als heute abgewickelt werden, was zu mehr Lärmimmissionen führen würde – insbesondere in der Nacht ab 22 Uhr. Die Region Ost lehnt Pistenverlängerungen deshalb ab.


Noch 2014 hatte der Kantonsrat die Festsetzung von Pistenverlängerungen im Richtplan abgelehnt. Die Stimmung im Kantonsrat ist gekippt – obwohl die Notwendigkeit von Pistenverlängerungen heute umstrittener ist als noch vor zehn Jahren. Die Region Ost anerkennt den volkswirtschaftlichen Nutzen des Flughafens Zürich für die Region. Das Wohl der Bevölkerung ist jedoch höher zu gewichten als ein nachfrageorientiertes Wachstum.

Bis 2030 rechnet der Flughafen Zürich gemäss einer Studie mit bis zu 331'000 Flugbewegungen pro Jahr. Mit Pistenverlängerungen und weiteren baulichen sowie betrieblichen Massnahmen würden die Voraussetzungen geschaffen, um das erwartete Wachstum zu bewältigen. Die wachsende Anzahl Flugbewegungen wird alle Regionen stärker belasten, wie die Berechnungen der Empa im Auftrag des Flughafens Zürich zeigen. Die Pistenverlängerungen werden gemäss Bericht der Empa nicht wesentlich dazu führen, dass die Zahl der von Fluglärm gestörten Personen sinkt. Beim Entscheid zu den Pistenverlängerungen geht es also nicht darum, welche Region wie viel Lärm tragen muss, sondern ob die Bevölkerung aller Regionen bereit ist, künftig mehr Fluglärm zu akzeptieren.

Durch die Pistenverlängerungen könnten mehr Starts und Landungen abgewickelt werden: 70 statt 66 Bewegungen beim Ostkonzept mit Landungen von Osten und Starts nach Norden (bisher im SIL festgelegt, aber nicht umsetzbar). Gemäss Berechnungen der Empa werden mit Pistenverlängerungen im Jahr 2030 rund 5060 Flugzeuge mehr auf der Piste 28 landen als ohne Pistenausbau. Das Ostkonzept wird in erster Linie am Abend eingesetzt. In den Nachtstunden von 22 bis 24 Uhr wird der zulässige Lärm bereits heute teilweise markant überschritten.

Es ist zudem zu beobachten, dass die Zahl der Flugbewegungen in den späten Abendstunden nachfrageorientiert laufend zunimmt – trotz Beschränkung der Anzahl Start- und Landezeiten am Abend. Damit verbunden sind mehr Verspätungen. Denn die Slots sind teilweise so dicht geplant, dass Verspätungen vorprogrammiert sind. 

Ein Beispiel: Oft sind zwischen 22.45 Uhr und 22.55 Uhr neun bis zehn Ankünfte von Flügen aus aller Welt geplant. Regelmässig sind um 23 Uhr, also bei Betriebsschluss, nicht alle Flugzeuge gelandet. Die Verspätungen entstehen nicht deshalb, weil die Pisten in Zürich zu kurz sind, sondern weil sich den ganzen Tag über weltweit Flugzeuge verspäten. 

Auch bei den Starts in Zürich gibt es zu viele Verspätungen. Gewisse Langstreckenflüge, die nach 22.40 Uhr eingeplant sind, starten regelmässig nach 23.00 Uhr, ja sogar nach 23.30 Uhr. Dies ist auch bei gutem Wetter der Fall, wo nicht auf das Südkonzept umgestellt werden musste. Auch hier liegen die Gründe oft in Verspätungen, die weltweit entstehen. Gemäss Swiss hoben vom 15. Juli bis 15. August nur 48 Prozent der Flüge pünktlich ab. 

Das Versprechen des Flughafens Zürich, dass Pistenverlängerungen zu weniger Verspätungen führen, wird zumindest in den Nachtstunden nicht erfüllt werden, solange Verspätungen durch die dichte Planung bewusst in Kauf genommen werden. Eine wirksame Massnahme, um die Nachtruhe ab 23 Uhr einzuhalten, ist die Ausdünnung und Vorverlegung von Flügen, die zwischen 22 und 23 Uhr geplant sind. Ist zudem klar, dass ein Flug den Flughafen Zürich nicht rechtzeitig vor Betriebsschluss um 23 Uhr erreichen kann, sollte zudem das Flugzeug am Abflugort gar nicht erst starten dürfen.

Selbst in den «Corona-Jahren» kam es zu Verspätungen, obwohl das Pistensystem bei weitem nicht voll ausgelastet war. Dies unterstreicht, dass Verspätungen im Wesentlichen nicht aufgrund des heutigen Pistensystems, sondern wegen der internationalen Abhängigkeit entstehen.

Die Region Ost wird sich im Vorfeld der Volksabstimmung zusammen mit anderen Organisationen für ein Nein zu den Pistenverlängerungen einsetzen. Das Abstimmungsdatum ist noch nicht bestimmt, wird aber nicht mehr dieses Jahr sein. Gemäss Umfragen von NZZ und Tages-Anzeiger will eine Mehrheit der Bevölkerung rund um den Flughafen nicht, dass der Flughafen wächst.

Argumente der Region Ost gegen Pistenverlängerungen


Flugbewegungen in der Nacht nehmen zu, und damit auch Verspätungen ab 23 Uhr

  • Durch Pistenverlängerungen können mehr Starts und Landungen abgewickelt werden: 70 statt 66 Bewegungen beim Ostkonzept (Landungen von Osten – Starts nach Norden) (bisher im SIL festgelegt, aber nicht umsetzbar).
  • Gemäss Berechnungen der Empa wird es mit Pistenverlängerungen im Jahr 2030 rund 5060 Anflüge mehr auf der Piste 28 geben als ohne Pistenausbau. Dies nicht nur wegen der ausschöpfbaren Kapazität des Ostkonzepts, sondern auch, weil weniger Konzeptwechsel stattfinden würden.
  • Zu beobachtender Trend: Die Flugbewegungen in der Nacht nehmen überproportional zu und damit auch die Verspätungen ab 23 Uhr.
  • Die Mehrheit der Bevölkerung rund um den Flughafen will nicht, dass der Flughafen wächst.

 

Verspätungen wird es weiterhin geben – diese entstehen weltweit

  • Der Flugplan ist heute in den Nachtstunden teilweise so dicht, dass Verspätungen vorprogrammiert sind.
  • Verspätungen entstehen weltweit. Verlängerte Pisten lösen das Problem nicht – erst recht nicht, wenn abends effektiv mehr Flugbewegungen möglich sind.
  • Das zeigt auch die jüngste Vergangenheit: Nächtliche Verspätungen gab es auch während Corona, als das Pistensystem nicht voll ausgelastet war.
  • Wirksame Massnahme, um die Nachtruhe ab 23 Uhr einzuhalten, sind die Ausdünnung des Flugplans und eine Vorverlegung von Flügen, die zwischen 22 und 23 Uhr geplant sind. Flüge, die den Flughafen Zürich vor Betriebsschluss um 23 Uhr nicht mehr erreichen können, dürften am Abflugort nicht starten.

 

Der Flughafen Zürich ist heute schon sicher

  • Gemäss Bericht 2021 des Flughafens Zürich wurden keine grösseren Sicherheitsmängel festgestellt. 
  • Ein Sicherheitsgewinn kann auch durch betriebliche Massnahmen (zeitliche Separierung) erreichen werden. Starts und Landungen werden gestaffelt, um Kreuzungspunkte zu vermeiden.
  • Es besteht die Befürchtung, dass es im Kern langfristig um eine Kapazitätserweiterung für den Flugbetrieb, nicht um die Sicherheit geht. Immerhin investiert der Flughafen Zürich über 250 Millionen Franken, das muss sich rechnen.
  • Auch nach der Verlängerung auf 2900 Meter bleibt die Piste 28 eine «unkategorisierte» Anflugpiste. Die Piloten können weiterhin die Landung auf einer längeren Piste verlangen.


 
Zurück zur Übersicht